Um es vorwegzunehmen, Deutschland trägt keine Kippa, das macht nur die BRD. Und der Anlaß ist, wie immer, Heuchelei. Da wurde ein Israeli mit Kippa von einem syrischen Invasoren angegriffen und ferner ein jüdisches Schulkind angepöbelt; dies reichte allemal, um die BRD, die nach Aussage von Martin Schulz nur dazu da ist, die Existenz Israels zu sichern, zu mobilisieren. Als schon lange vorher keine Kippa tragenden Deutschen von Invasoren mit Messern, Äxten, Bomben und Lastwagen abgeschlachtet wurden und der verzweifelte Ruf laut wurde, endlich die Konsequenzen zu ziehen und die Invasorenflut zu stoppen, da wurden die Hilferufenden von der breitgefächerten deutschfeindlichen Fraktion BRD als ausländerfeindlich beschimpft, Deutschland müsse „bunt und nicht braun“ sein, müsse schon wegen „seiner Vergangenheit“ die „armen schutzbedürftigen Flüchtlinge“ der Erde und des Weltraums aufnehmen. Und zu dieser Fraktion gehörten auch maßgebliche Funktionäre jener, die sich „Juden in Deutschland“ nennen. Doch freilich, jetzt, nachdem ein Kippa-Träger attackiert wurde – sogar mit einem erschröcklichen Gürtel! – fordert Josef Schuster Solidarität. Und gehorsam greift die BRD, beispielgebend allen voran der schwarze Volker Kauder, der rote Berliner Bürgermeister Michael Müller und der linke thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow, zur Kippa. Fesch! Und die Sprücheklopfer haben ihre bekannten Auftritte. Auf den Straßen in Berlin, Köln, Erfurt, Magdeburg und Potsdam flattern Fahnen und Fähnchen mit Davidstern, und der Präsident des Zentralrats der Juden warnt davor, den Judenhaß „kleinzureden“. Der Bundestag nimmt seine Hauptaufgabe wahr und ruft zum verstärkten Kampf gegen den Antisemitismus auf. Da trifft es sich gut, daß gleichzeitig die vor 70 Jahren stattgefundene Gründung Israels gefeiert werden kann. Andrea Nahles hat das bekannte dämliche Sprüchlein offenbar noch nicht mustergültig gelernt, liest es aber brav herunter, nämlich die deutschen Nachkriegs-Generationen trügen zwar keine Schuld an den bösen Nazis, „aber Verantwortung“, und zwar bis zum St. Nimmerleinstag. Auf die naheliegende Zwischenfrage, z. B. von der Alice Weidel, warum die heutige jüdische Generation und auch die zukünftigen keine Verantwortung für die Massaker in den Palästinenserlagern oder für die Kreuzigung des Christengottes durch ihre Vorfahren zu übernehmen hätten, wartete man vergebens, bis Gauland schließlich Klarheit schaffte. Seinen Worten zufolge ist auch die AfD, genauso wie alle anderen Altparteien, „für die Existenzsicherung Israels“ angetreten, und „die beginnt am Brandenburger Tor“ (so wie für den ehemaligen Söldnerminister Peter Struck die Verteidigung Deutschlands am Hindukusch beginnt), „und“, so Gauland weiter „wer den Davidstern verbrennt und Kippa-Träger angreift, hat das Gastrecht in diesem Land mißbraucht und damit auch verwirkt. Antisemitismus darf nicht zum Kollateralschaden einer falschen Flüchtlings- und Einwanderungspolitik werden.“ Man gewann den Eindruck, seine Rede war der Versuch, die Altparteien (und natürlich Josef Schuster in Würzburg) zu überzeugen, daß die Juden von keiner Partei so geliebt würden wie von der AfD. Mit Würde kriechen und ehrbar schleimen – gelernt ist gelernt. Oder sollte etwa nicht nur die Redewendung „Einmal Goldman Sachs – immer Goldman Sachs“ zutreffen, sondern auch „Einmal CDU – immer CDU“? Der Geschäftsführer vom „Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus“ (JFDA) erzählte den Kippa-Träger-Demonstranten den jüdischen Witz mit dem längsten Bart: man dürfe die Juden nicht allein lassen, der Antisemitismus müsse ein „gesamtgesellschaftliches“ Thema werden. Dabei ist doch jedermann bekannt, daß der Kampf gegen den Antisemitismus bereits seit 1945 als einzige gesamtgesellschaftliche und nie endende Schlacht tobt, ein Schattenboxen zum Totlachen. Die Neonazis haben es da ungleich schwerer, sie müssen den Kampf gegen den tatsächlich existenten Antigermanismus völlig allein tragen, auch und gerade gegen Kippa-Träger.
Letzte Frage: Hätte die Gürtelattacke keinem Israeli mit Kippa, sondern einem Deutschen mit Lederhose und Gamsbart gegolten – würde dann der jüdische Zentralrat sich mit dem Schlachtruf „Juden in Deutschland tragen Lederhose“ solidarisieren und Josef Schuster sich mit der Krachledernen und Gamsbart maskieren? Gewiß nicht. Er ist schlau, aber kein Hanswurst.